Sonderpublikation zum 60 jährigen Bestehen des TTC Forchheim
Norbert Demuth (Pressewart, Author)
Wer heute für den TTC Forchheim bei einem Verbandsspiel oder Turnier antritt, repräsentiert nicht irgendeinen Verein, sondern einen Tischtennisclub mit großer Tradition und jahrzehntelanger Geschichte. Das 60-jährige Bestehen des TTC Forchheim im Jahr 2010 soll deshalb ein Anlass sein, kurz zurückzublicken, um zu sehen, wie alles begann.
Ein Bild vom Training des TTC Forchheim aus den 1950er Jahren.
Hier spielt Hans Burkart, ein Cousin von Heinz Burkart. Foto:privat
Und wer könnte davon besser berichten, als einer, der von Beginn an dabei war und heute noch an der Platte steht: Heinz Burkart ist der älteste aktive Spieler des TTC Forchheim. Der 78-Jährige hat den Verein durch Höhen und Tiefen begleitet. TTC-Pressewart Norbert Demuth hat mit Heinz Burkart gesprochen und in Archiven gekramt.
Rheinstetten-Forchheim. Für Heinz Burkart ist Tischtennis ein Lebenselixier. Und das gilt im wahrsten Sinne des Wortes. Als er vor vier Jahren eine schwere Operation hinter sich bringen musste und zwischenzeitlich stark an Gewicht verlor, gab er sich trotzdem nicht auf: „Wenn ich das Tischtennis nicht gehabt hätte, würde ich heute nicht mir da sein“, sagt Heinz, der inzwischen wieder regelmäßig trainiert und mit messerscharfem Unterschnitt an der Platte steht. Heinz Burkart ist mit seinen 78 Jahren der älteste aktive Spieler des „Tischtennisclubs 1950 Forchheim“, der vor 60 Jahren gegründet wurde.
Am 29. April 1950 erschien ein geheimnisvoller Aufruf im Gemeindeanzeiger:
Für alle Tischtennisfreunde!
Am Dienstag, dem 2. Mai 1950, 20,00, treffen sich
im Gasthaus zum Schwanen (oberer Saal) alle
Forchheimer Freunde des
TISCH-TENNIS
zu einer wichtigen Aussprache.
Hierzu sind alle Tisch-Tennis-Spieler und Spielerinnen
(Jugendliche ab 15 Jahren) herzlichst eingeladen.
Die Einberufer.
Das Treffen im Gasthaus fand wie geplant statt. Die „wichtige Aussprache“ war die Gründungsversammlung. An jenem Dienstagabend im Mai wurde der TTC Forchheim gegründet. Gründungsmitglieder sind Erich Oberle, Walter Deck, Florian Holzmann, Johann Heck, Heinz Burkart, Gerhard Fütterer, Manfred Burkart und Heinz Kästel. Spiellokal war fortan ein Nebenzimmer im „Schwanen“ in der Hauptstraße. Der Mitgliedsbeitrag betrug monatlich 1 D-Mark. Bald hat der Verein schon 48 Mitglieder.
Ein Bild aus den Anfangszeiten: Heinz Burkart (stehend dritter von links). Ganz hinten mit Brille: Erich Oberle, einer der Vereinsgründer. Foto: privat
Den fröhlichen Umtrunk nach dem Training gab es auch damals schon: Zweiter von links: Hans Burkart, dritter von links: Heini Eby, dann Erich Oberle, die Kronen-Wirtin, Alban Burkart, Heinz Burkart und die Wirtstochter, die auch in der Damenmannschaft des TTC spielte. Foto: privat
Doch Heinz Burkart hat auch Zeiten erlebt, als der Verein in der Krise steckte – und diese Zeiten kamen schon bald. Im Jahr 1953 gab es nur noch zwölf Mitglieder. Damals war bei vielen die Leidenschaft für das Tischtennis erloschen, manche spielten lieber Skat – der Verein stand auf der Kippe. Heinz rüttelte damals seine Vereinskameraden mit dem Spruch auf: „Entweder spiele’ mer Tischtennis oder Skat!“ So raufte man sich wieder zusammen. Und langsam stieg auch die Mitgliederzahl wieder an. 1955 waren es schon wieder 34 Mitglieder – heute sind es rund 200.
Diejenigen, die in den 1950er Jahren im Tischtennis eine Hoffnung sahen, hatten den Krieg und die kargen Nachkriegsjahre miterlebt. „Ich hab den Krieg als Schüler mitgemacht“, erinnert sich Heinz.Als er in der 8. Klasse war, hieß es plötzlich, dass keine Schule mehr stattfindet. Was heutzutage für viele Pennäler ein Anlass für Freudenschreie wäre, war damals ein Grund zum Wehklagen. „Wegen der Bombenangriffe war es einfach zu gefährlich, zur Schule zu gehen“, sagt Heinz. Stattdessen mussten die Schüler „antreten“ und im Sinne der Propaganda durch die Straßen Forchheims marschieren. Heinz Burkart erhielt zwar noch einen Stellungsbefehl zur Wehrmacht mit 14 Jahren. Doch sein Vater sagte damals zum Sohn mit großer Deutlichkeit: „Du gehst net noo!“
Heinz Burkart hatte Glück. Zwei Tage später marschierte die französische Armee in Forchheim ein. „Die Franzosen sind mit Panzern die B 36 raufgekommen“, erinnert er sich lebhaft, als wäre es erst gestern geschehen. Die Franzosen hatten mit ihrer Artillerie noch Mörsch beschossen, das bitter verteidigt wurde. Es gab viele Tote und Verletzte.
Doch als der Krieg endlich vorbei war, wusste Heinz sofort, was er werden wollte: Zimmermann. „Es gab viel zu tun – es war ja alles kaputt“, sagt er. Er begann eine Lehre in Daxlanden. Am 9. Mai 1950 – eine Woche nach der Gründung – kaufte der Verein zwei Tischlerplatten für insgesamt 104,80 DM. Heinz Burkart fabrizierte daraus die ersten zwei vereinseigenen Tischtennisplatten. Der am 19. November 1931 geborene war damals 18 Jahre alt. „Die Holzplatten hatten eine Stärke von etwa 20 Millimetern und lagen auf Holzböcken“, erinnert er sich.
104,80 DM kosteten die Tischlerplatten, aus denen Heinz Burkart die ersten vereinseigenen Tischtennisplatten fabrizierte.
Mitte der 50er Jahre hatte der TTC Forchheim schon eine Damenmannschaft. Foto: privat
1958 stand der erste Umzug für den TTC Forchheim an, weil der Raum des Schwanen anderweitig gebraucht wurde. Bis 1963 spielte man fünf Jahre lang im Saal des Gasthauses zur Krone. 1964 kam der nächste Umzug – sieben Jahre lang spielte der TTC Forchheim im „Adler“. 1969 beantragte der damalige 1. Vorstand Erich Oberle bei der Gemeinde, in die neu errichtete Turnhalle der Schwarzwaldschule umziehen zu dürfen. Dem Antrag wurde stattgegeben. 1971 wurde bei der damaligen alljährlichen Neujahrsfeier des Vereins im Gasthaus zum Adler der Umzug in die neue Halle bekannt gegeben.
Die 1. Herrenmannschaft des TTC Forchheim in der Verbandsrunde 19070/1971.Von links nach rechts: Josef Leicht, Klaus Schorb, Jürgen Baumgarth, Norbert Heck, Heinz Burkart und Berthold Bätz. Foto: privat
1980 gewann Jiri Zimmermann – heute die Nummer 1 der Herren des TTC in der Bezirksklasse – die Kreismeisterschaft im Doppel zusammen mit einem gewissen Steffen Fetzner vom TV Spöck. Fetzner sollte später noch weltweit von sich reden machen. 1989 wurde er zusammen mit Jörg Roßkopf Weltmeister im Doppel, als in Dortmund die Tischtennis-WM ausgetragen wurde.
Heinz Burkart mit Jörg Winter (links) und Jiri Zimmermann (rechts). Foto: privat
Heinz Burkart sah alle diese Spieler heranwachsen und verfolgte ihren Weg. Er war zwar nie 1. Vorstand, aber jahrzehntelange Sportwart. Er fungierte auch als Staffelleiter und spielte selbst bei zahlreichen Turnieren und unzähligen Verbandsspielen mit. „Nach Langensteinbach sind wir zu Spielen anfangs noch mit dem Fahrrad gefahren“, erinnert sich der 78-Jährige.
Anfangs fuhr man noch mit dem Fahrrad zum Auswärtsspiel nach Langensteinbach, später nahm man dann schon den Mietwagen, wie diese Rechnung aus dem Jahr 1956 beweist.
„Wenn er verloren hatte, ist er oft mit sooo einem Gesicht nach Hause gekommen“, erzählt seine Frau und imitiert hängende Mundwinkel. „Tischtennis ist sein A und O“, bestätigt sie. Heinz selbst sagt, er habe „nie nur so rumspielen wollen“, fuhr zu vielen Turnieren, war mehrfach Vereinsmeister und holte zwei dutzend Pokale, die noch heute auf einem Schrank im Hauseingang glänzen. Und er kann sich sogar Vize-Europameister nennen.
Bei den Tischtennis-Senioren-Europameisterschaften 1995 in Wien erreichte Heinz Burkart in der Altersklasse III (über 60 Jahre) zusammen mit Hansjörg Gäßler (damals noch TG Eggenstein, später TTC Forchheim) den zweiten Platz. Dabei besiegten sie Doppel aus Tschechien, Österreich und eine deutsch-russische Paarung. Erst im Endspiel mussten sie sich dem favorisierten englischen Doppel geschlagen geben.
Heute gefällt ihm nicht, wenn Jugendliche nach einer Niederlage „den Schläger wegschmeißen“. Denn das gebe „kein gutes Bild“ ab. „Im Verlieren zeigt sich der Sportsmann“, mahnt er. Wenn er die Situation heute mit der Zeit von früher vergleicht, fällt ihm auf, dass es heute „diese Grüppchen von Jung und Alt gibt“. Gemeinsame Aktivitäten seien selten – abgesehen vom Umtrunk im Lobberle nach dem Training. „Die Gemeinschaft im Verein war früher enger“, sagt Heinz.
Wer heute den eher schmächtigen Senior an der Platte stehen sieht, ahnt kaum, dass er damals mit 20, 30 Jahren ein durchaus kräftiger Mann war. Warum hat er sich früher für Tischtennis entschieden – und nicht zum Beispiel für Fußball? Die Antwort kommt spontan, ohne Zögern: „Tischtennis hat mir einfach Spaß gemacht.“
Heinz Burkart mit 78 Jahren bei der Unterschnitt-Abwehr.
Das spürt man noch heute: Wenn er dem kleinen weißen Zelluloidball viel Schnitt mitgibt, vergisst Heinz Burkart die Schwierigkeiten und Rückschläge des Lebens. Und so werden die Berliner Freunde von der TSG Oberschöneweide aus Köpenick wohl auch in diesem Jahr, wenn sie Heinz Burkart wiedersehen, ausrufen: „Det Stehaufmännchen is auch wieder da!“